Der Streik ist vorbei!!!

2005-06-03 Am Montag bin ich von Iquitos nach Tarapoto geflogen. Der Flug hat nur 40 Minuten gedauert und es waren vielleicht 10 Passagiere an Bord in einem recht grossen Airbus.
In Tarapoto bin ich vom Flughafen mit einem ausnahmsweise sehr netten Mototaxista in die Stadt gefahren. Am naechsten Tag habe ich mit ihm dann eine Tour zu einem sehr schoenen Wasserfall 14 km von Tarapoto entfernt gemacht. Nachher wollte ich ihn noch zum Essen einladen in der Stadt, aber er hat mich mit zu sich nach Hause genommen zum Essen. Es war schon krass, zu sehen, wie er wohnt. Die Waende bestanden nur aus den blanken gemauerten Steinen, der Boden war nur Sand und Fenster gab es nur zur Strasse. Und an Einrichtung gab es auch kaum etwas. Seine Frau war Schwanger und schon ueberfaellig und er hatte Angst, das das Kind per Kaiserschnitt geholt werden muss, weil das fast einen Monatslohn kosten wuerde.

Er hat mir dann noch geholfen ein Busticket zu kaufen und mich auch so noch rumgefahren.
Zum Schluss musste ich dann noch mal mit ihm nach Hause, um ein Fotos mit ihm, seiner Frau und seiner Tochter zu machen.

Am Dienstag wollte ich mir also ein Busticket kaufen. Da hiess es, die einzige Strasse nach Norden waere wegen eines Stareiks gesperrt, am Mittwoch waere sie aber bestimmt wieder offen. Das Ticket wollte er mir aber auch erst am Mittwoch verkaufen und er wusste warum.
Als ich am Mittwoch dort ankam, hiess es, die Starssenwaeren zwar wieder offen, weil die Leute dies aber nicht wuessten, hatten sie keine Tickets gekauft und der Bus wuerde mangels Passagieren ausfallen. Also bin ich mit Vincente (dem Mototaxista) zur naechten Bussgesellschaft gefahren.  Dort gab es auch einen Bus Richtung Norden, also Ticket gekauft und gefreut.

Ein paar Stunden spaeter wusste ich, warum die Leute bei der einen Bussgesellschaft keine Tickets gekauft haben. Wir Standen nach 1 1/2 Stunden Fahrt im Stau. Die Starssenbauarbeiter haben gestreikt und die Strasse dicht gemacht. Das war um 15:30. Wie immer hier gab es mal wieder unterschiedliche Informationen, wann die Strasse wieder geoeffnet werden sollte, diese reichten von 18 bis 22 Uhr. Die ersten in der Schlange Standen dort schon seit 8 Uhr morgens.
Aber ich habe niemanden gehoert, der sich beschwerrt hat. Stattdessen gab es eine Art "Strassenfest". Kinder haben Mandarinen, popkorn und Getraenke verkauft und Frauen haben Staende mit Essen aufgebaut. Ich bin dann mal mit meiner Tuete Mandarinen die Schlange entlang gewandert (vielleicht 1 km). Das schoene ist, da man als Gringo (hier werden nicht nur die Amis Gringo genannt, sondern alle "Weissen") mit allen moeglichen Leuten ins Gespraech kommt. Sie wollen immer wissen, wie das Leben bei uns in Deutschland so ist und was z.B. ein Polizist oder ein Starssenbauarbeiter verdient. Dann machen sie immer grosse Augen ueber die Summen. Das aendert sich aber wieder, wenn ich ihnen sage, was ein Kg Reis oder das Benzin in Deutschland kostet.
Die Leute selbst erzaehlen dann  auch immer von ihrem Leben und ihrem Land, aber leider meist von Problemen, Armut und Perspektivlosigkeit. Ich weiss nicht, was an den Geschichten immer dran ist, aber anscheind versucht sich hier jeder Politiker zu bereichern. Das reicht vom Buergermeister bis zum Presidenten. Das ist mal echte Politikverdrossenheit.
An den Hauswaendne liesst man immer Parolen der Politiker wie "Das Volk ist wichtiger als die Fuehrung" oder "Jetzt ist es fuer alle" aber anscheind sollte es besser heissen "Jetzt ist alles fuer mich". Manche Geschichten sind echt Haarstraeubend.

Naja, die Wartezeit war jedenfalls nicht langweilig und um 18:45 ging es dann weiter. Bis es nach weiteren 1,5 Stunden wieder hiess, Strasse gesperrt, andere bauarbeiter Streiken. Das traurige ist, dass diese Streiks wohl in der regel nichts bringen.
Wenn z.B. die Lehrer hier Streiken laueft das in der Regel so ab. Zuerst einen Tag Streik, dann zwei Tage, dann unbefristet. Dieser unbefristete Streik dauert dann ca 3 Monate und wird meist ergebnislos beendet. Dafuer werden aller Ferien gestrichen und die Lehrer mussen die ausgefallenen Stunden nacharbeiten.
Diesesmal ging es dann schon nach 30 Minuten weiter. Eine weitere Stunde spaeter kam dann ploetzlich etwas Hektik auf, weil eine Frau auf ihrem Sitz lag und nicht mehr ansprechbar war. Also haben wir angehaltewn und die Frau mit einem Mototaxista ins Krankenhaus gebracht und natuerlich auf sie gewartet. Wieder hat sich niemand beschwerrt. Nach einiger Zeit kam dann die Nachricht, dass in dem Krankenhaus -was wohl- gestreikt wird. Wie auch immer, kam die Frau dann aber ein paar Minuten spaeter recht munter wieder zureuck.

Die restliche Fahrt ging dann recht reibungslos und ohne weitere Streiks. Und um 1 Uhr Nachts (statt um 21 Uhr) war ich dann in Pedro Ruiz. Trotz allem, war das eine der besten Fahrten, die ich bisher hier hatte. Und der ganze Spass fuer nur 7 Euro.
In Pedro Ruiz stand zufaellig noch ein Kombi nach Chachapoya (meinem eigentlichen Ziel) bereit und brauchte noch -welch Glueck- einen Fahrgast. Fuer weitere 2 Euro bin ich dann also nochmal knapp 2 Stunden ueber die heftigste Schlaglochpiste gefahren. Die ganze "Strasse", es war nur eine Sandpiste, bestand eigentlich nur aus Schlagloechern. Dementsprechend war auch die ganze Karre, und besonders die Stossdaempfer, total hin. Zwischendurch musste der Fahrer dann mal aussteigen und die Radmuttern wieder festdrehen.
Total durchgeschuettelt war ich dann so gegen drei Uhr in Chachapoyas und habe sogar noch ein Hotel gefunden.
Bei diesen Fahrten fuehlt man sich manchmal wie ein Fluechtling, der bei Nacht und Nebel ueber miese Strassen ueber die Grenze flieht. 

Hier mache ich morgen eine Tour zu einer der groessten Inkaruinen hier in Peru, nach Kuelpa. Die Strasse dorthin ist wohl noch schlechter als die gestern, obwohl ich mir kaum vorstellen kann, wie man dann da noch fahren kann.
Chachapoyas liegt 2300 meter hoch und das merke ich schon. Bei leichtem Anstrengungen bin ich schon etwas ausser Atem. Und Nachts wird es merklich kuehler, so dass ich schon wieder eine Decke brauche. Dafuer gibt es hier aber warmes Wasser unter der Dusche. Das hatte ich vorher nie, war aber auch bei den Temperaturen nicht noetig.

Heute Mittag habe ich mich eine Stunde mit einem Mann auf dem Plaza de Armas unterhalten. Er hat auch mal so eine Art Wirtschaftsingenieur studiert, findet aber schon lange keine Arbeit mehr und verkauft daher Huete auf Maerkten immer in anderen Staedten. Er hat gerade Mittagspause gemacht und meinte, ich sollte ihn mal besuchen an seinem Stand.
Auf dem Markt lief dann eine Lautsprecherdurchsage, dass es dort nur die besten Artesanias (Kunsthandwerk) der ganzen Region gibt. Das ging Minuten lang. An seinem Stand hat der Typ mich dann in sein Zelt gewunken und mir einen super Sonnenhut geschenkt. Dann hat er mich zu sich herangezogen und mir zugefluestert "Von wegen, das Beste der Region, die ganzen ollen Huete hier sind aus China".

Saludos,

                 Sebastian

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